Verfahrenspflege

nach dem Werdenfelser Weg

Als von Betreuungsgerichten bestellte Verfahrenspflegerin nehme ich, unabhängig von allen Verfahrensbeteiligten, die Rechte des erwachsenen Betroffenen wahr.

Wurden körpernahe Fixierungen oder eine geschlossene Unterbringung beim zuständigen Betreuungsgericht beantragt (nach §1906 BGB, Psych KHG), suche ich gemeinsam mit den Pflegekräften, Ärzten und den bevollmächtigten Angehörigen / Betreuer, sofern irgendwie möglich, nach individuellen milderen Maßnahmen, die im Alltag umsetzbar sind. Ebenso ist es meine Aufgabe zu überprüfen, ob körpernahe Fixierungen fachgerecht angebracht werden (Medizinproduktegesetz) und die Pflegekräfte die notwendigen jährlichen Schulungen hierzu haben. Generell gilt, dass durch Fixierungen deutlich mehr Personal benötigt wird, da fixierte Personen sich nicht selbst überlassen werden dürfen, sondern sehr engmaschig überwacht werden müssen. Oft sind hier auch Sitzwachen erforderlich, um Strangulationen, Wundscheuern oder Aspirationen zu verhindern. Körpernahe Fixierungen können nur das letzte Mittel sein, wenn sämtliche milderen Maßnahmen nicht greifen.

Leider werden körpernahe Fixierungen immer wieder positiv dargestellt. Unwissende gehen davon aus, dass Gurtsysteme Sicherheiten bieten gegenüber Stürzen. Sie verkennen dabei die massive Freiheitseinschränkung, die u.a. zu weiterer Immobilität und schweren psychischen Störungen führen kann. Jeder der eine körpernahe Fixierung für einen Menschen befürwortet und beantragt, sollte sich selber einmal in gleicher Weise fixieren lassen, um hautnah zu erleben und zu verstehen, was man hierbei einem Menschen antut.

Fixierung ist niemals ein Pflegeziel, sondern stets ein aktuelles Pflegeproblem, welches bei der Pflegeevaluation als veränderungsbedürftig zu betrachten ist.

Meine Aufgabe ist es, die Rechte des Betroffenen, der nicht mehr selber einsichts- und einwilligungsfähig ist, unabhängig vom Gericht, der Pflegeeinrichtung und unabhängig von den Bevollmächtigten / Betreuer wahrzunehmen. Die richterliche Anhörung findet im Lebensumfeld / aktuellen Aufenthaltsort des Betroffenen statt (Pflegeeinrichtung, Wohngruppe, Psychiatrie, Krankenhaus, Hospiz).

Es geht u.a. darum den betroffenen Menschen, der nicht im privaten Umfeld versorgt wird, davor zu schützen, dass freiheitsentziehende Maßnahmen aufgrund von Personaleinsparungen oder unqualifizierte Anordnungen der Angehörigen durchgeführt werden. Ebenso sollen ungewollte Überdosierungen von sedierenden Medikamenten erkannt werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr schnell und auch zum Teil recht viel sediert wird.

Geschlossene Unterbringungen können dann erforderlich werden, wenn Betroffene aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung (z.B. akute Psychose, schizophrene Erkrankungen, wahnhafte Störungen, Suchterkrankungen, Demenz, u.a.) sich und andere gefährden, Zuhause nicht mehr führbar sind, Weglauftendenzen oder erhebliche Verwahrlosung bei völliger Hilflosigkeit vorliegen. Für die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung bedarf es immer auch eines aktuellen fachärztlichen Gutachtens. Da die Freiheit auch im Grundgesetz einen sehr hohen Stellenwert hat, wird jeder einzelne Fall streng geprüft und alle rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Auf „Verdacht“ oder „bei Bedarf“ ohne ein fachärztliches Gutachten kann keine richterliche Unterbringung erfolgen.

Bei meiner Tätigkeit steht die Freiheit und die Würde des pflegebedürftigen oder schwer kranken Menschen im Mittelpunkt.

Die Verfahrenspflegschaft endet, sobald der richterliche Beschluss wirksam wird.